Wave writer: Michaela Vieser

Move your Paddel silently through the water – das Motto der Okeanos Stiftung mag auch für eine Schriftstellerin von Bedeutung sein: Nicht die Struktur und den Rhythmus von Sätzen zu erzwingen, sondern darauf zu warten, dass sich ihre Silhouetten abzeichnen und zu neuen Ausdrucksformen und Entdeckungen führen: Wir freuen uns sehr, Michaela Vieser als Wellenschreiberin bei der Okeanos-Stiftung begrüßen zu dürfen. Die Stelle wurde eigens für sie geschaffen, damit sie uns als Themenexpertin und Wort-Navigatorin neue Einblicke in die Wunder des Meeres geben kann.

Die in Berlin lebende Nature Writing Autorin erhielt 2021 das Stipendium des Deutschen Preis für Nature Writing, war 2019 als Nature Writer-in-Residence bei der Schweizer Michalski-Stiftung eingeladen und baute von 2020 – 2022 die Lebendigen Bibliothek für Nature Writing im Allgäu auf. Sie hat neun Bücher geschrieben, TV-Dokumentationen und Radiofeatures produziert, war nominiert mit dem Grimme Preis, als auch mit dem Bayerischen Filmpreis für ihre Arte Dokumentation Love Rituals.

Als Wave Writer für die Okeanos-Stiftung wird Michaela Vieser jeden Tag stillhalten und die Gedanken wie Treibgut in einem Wasserlogbuch festhalten. Im Zyklus eines Jahres wird sie sinnliche, ästhetische und wissenschaftliche Perspektiven auf das Wasser, das Leben darin und seine Aggregatzustände gesammelt haben.

Das Buch „Der Atlas der ungewöhnlichen Klänge“ (gemeinsam mit Isaac Yuen) entstand in dieser Zeit und spielt mit Schallwellen, auch im Wasser, und dem, was sie mit sich tragen. Es erscheint im Frühling 2023 beim Knesebeck Verlag. Finnwale, Narwale, Pottwale, Ganges-Delphine, Blauwale, Schwertwale, Buckelwale und selbst der Vorfahre der Wale, der Entelodon, durchkreuzen die Essays, die zu neu-gehörten Orten, Landschaften und Wahrnehmungen führen.

 

Auch im Jahr 2023 werden wir Michaela Vieser als Wave Writer der Okeanos Stiftung fördern. In ihrem eindrücklichen Gespräch bei Deutschlandfunk Kultur (https://www.deutschlandfunkkultur.de/autorin-michaela-vieser-dlf-kultur-9394cb05-100.html) lässt sie anklingen, was Eintauchen für sie bedeutet. „Was passiert, wenn wir einem Wal gegenüberstehen? Was verändert sich dadurch, welchen Dimensionen werden wir gewahr, die vorher nicht denkbar waren?“ Die erste Hälfte von 2023 wird sie einmal mehr mental unterwegs sein: Für die von Frau von Da produzierte Jazz-Oper über den Blasentang und seine Artgenossen schreibt sie das Libretto. Es geht um Artenvielfalt, Klimawandel und ein neues Miteinander. Aufführungen sind beim Jazz-Festival von Ahrenshoop, sowie bei den Tagen der Neuen Musik in Berlin. Gemeinsam mit dem englischen Klangkünstler Tim Hinman von Third Ear Productions produziert sie außerdem eine immersive Klanginstallation zum Walsturz. Wir werden mit hinunter gezogen ins Hadal, der tiefsten Zone des Meeres und begegnen Lebensformen, die seltsamer als seltsam sind.

Im Sommer 23 wird Michaela Viesers Wirken physischer: erst eine Recherche-Expeditionen zu den First Nations in British Columbia, um dort auf einer abgelegenen Insel vom indigenen Fischfang, aber auch vom Zusammenspiel von Wald und Meer zu erfahren. Im Herbst führt ihre Recherche sie nach Japan, wo die als Japanologin ausgebildete Schriftstellerin an Handlungsorten der alten Shinto-Religion nach dem Netzwerk des Lebens spürt, das auch hier Wald und Meer auf filigrane Weise verwebt. Während Michaela Vieser im Laufe des Jahres ihre Erkenntnisse regelmäßig auf deutschen Medien publizieren wird, arbeitet sie parallel an einem Buch, das versucht, das uralte, verbindende des Meeres auf poetische Art einzufangen.

 

Bildquellen

  • whaleday: © Okeanos Foundation